Donnerstag, 1. Mai 2014

Die Levante berührt...

Die Levante berührt....
Wer kennt es? – ich hab es heute seit langem wieder erlebt – dieses Berührt-Sein von dieser Schönheit, dieser Einzigartigkeit des Meeres und der darin ruhenden Inseln, diese karge Schönheit, Ursprünglichkeit. Auch wenn man nicht sagen kann, dass hier noch nie jemand einen Fuß darauf gesetzt hat, dass das Land jungfräulich unberührt ist – es wird wohl überall schon ein Fuß diesen widerspenstigen Boden berührt haben – doch des Menschen gestaltende Kraft hat gegen diese wilde Robustheit dieser kargen Landschaft keine Macht. Immer schon hat Griechenland dieser Ursprünglichkeit gehuldigt, wie die Levante insgesamt jedem Ankömmling, jedem Durchreisenden, jedem für eine Zeit Verweilenden zuerst und gerne mit einer verführerischen Herrlichkeit berührt, fängt, ihm das klare Denken durch Entzücken ersetzt. Doch wehe er will dieser Ursprünglichkeit sein täglich Brot abringen, sich dauerhaft sesshaft machend, so wird ihm die Untiefe der Partnerschaft von Natur und Mensch entgegentreten – und er wird für sich Odysseus Irrfahrt wiederholen: ein Irrgarten von Unmöglichkeiten wird ihm begegnen und ihn prüfen – und nur die sehr von Liebe Befallenen werden verbleiben, als Dauergast, denn mehr wird der Eindringling nie sein: freundlich geduldet, eingegliedert in die Schinderei, die sich hinter der trägen Ineffizienz versteckt.  Menschen gestalten das Land, ja, doch das Land gestaltet auch den Menschen, seinen Charakter, sein Handeln, sein Sein – und diese Kargheit verlangt List, lächelnde Gleichmut, und erschöpft sich im immer wieder Anlauf nehmen. Sisiphos – ein Gleichnis für die Bedingung, die sich den Menschen aufzwingt, ihn formt, in dieser verführerischen Schönheit der Begegnung von Meer und Land; die dominierenden Farbenspiele in Blau und Grau-Grün-Tönen, und unter dem borstigen Grün der Felder – vom salzigen Wasser umgeben, umspült. Die Lieblichkeit eines Gärtchens ist ein hartes, fast brutal Abgerungenes, gehegt, gepflegt – das kostbare Wasser aufgeteilt unter all den Dürstenden: Menschen, Tiere, Pflanzen – Wasser, in die Zukunft investiert, dass daraus Nahrung wird.
Einzig die Ziege, sie liebt diese raue, würzige Natürlichkeit, fröhlich meckernd findet sie immer die besten Weideplätze.
Die Sonne hat ihre jed-morgendliche Wanderung hinter den Bergen beendet, den Gipfel überflügelt, ergießt sie ihr warmes Licht, läßt alles mit Goldstaub überziehen – strahlend funkelnd, hell – wieder ein Tag, in dem Millionen Menschen Millionen Fußabdrücke hinterlassen, ohne vom Fleck zu kommen – das Unberührbare lässt sich nicht berühren. Die griechische Erde widersetzt sich der Vereinnahmung, lässt sich nicht untertan machen. Hier sind ihr die Menschen untertan – Ergebenheit bis zum Aufgeben.
Das Großmaul ist das einzige, das von Odysseus im heutigen Griechen zu finden ist – welch Qual für die Seele, mit stolzer Vergangenheit ein gegenwärtiges Versagen zu leben – größenwahnsinniger Minderwertigkeitskomplex: mit der Ineffizienz eines Sisyphus dem Trugbild der schönen Helena nachjagend. Wissend um die eigene Lächerlichkeit – gut dass der Spiegel Wellen schlägt – das gibt der innere Leere den Schein von Bewegt-Sein.
Der Grieche, der Delphi errichtet hat, der Olympia erstehen ließ, der sich mutig den Herausforderungen des Unbekannten gestellt hat – diesen Griechen gibt es heute nicht mehr. Griechenland hat eine hervorragende Geschichte – das letzte Kapitel wurde vor langer Zeit geschrieben – das Land gibt es noch, die Küsten, die Berge, die Überreste und Mahnmale menschlicher Größe; die Ziegen, Schafe, Esel, Fische, Vögel – so noch vorhanden – unverändert in ihrer Artigkeit, erhalten über Tausende von Jahren – einzig der Mensch wird seine Wurzeln nicht im Damals finden. Er ist ein ganz anderer. Nicht anders geworden, sondern ein gründend, gründlich anderer – geschichtsbereinigt.
Und ich – wie soll ich nur diese beiden beherzten Seelen in meiner Brust in Einklang bringen? „Gar nicht“, sagt es von innen – „es ist Dein Schicksal, Deine Erhabenheit, mit zwei Seelen Deine Unterschiedlichkeit erleben zu dürfen – im Erkenntnisreichtum die Wahrheit zu sehen – in zwei Welten zu Hause zu sein – zwei Leben in einem zu absolvieren – Parallelwelten“

Elitsa April 2014


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