Freitag, 17. Februar 2017

Warum Psychotherapie

heute habe ich in Facebook folgende Fragen gepostet: wenn der Motor deines Autos Probleme macht - zu wem gehst du, um das Problem zu lösen? wenn du einen Herzschrittmacher benötigst, zu wem gehst du? Wenn du dich vor Schmerzen krümmst und du einen Blinddarmdurchbruch befürchtest, an wen wendest du dich? 
Warum gehen Menschen mit psychischen Problemen nicht zu den Spezialisten, die eine fundierte und jahrelange Ausbildung und oft genug entsprechende Berufserfahrung haben.

In diesem Blogbeitrag möchte ich mich  dieser Problematik zuwenden und herausarbeiten, warum es bei psychischen Beschwerden oder diffusen Unwohlsein, in Lebenskrisen und einfach wenn man sich selbst besser kennen lernen will Sinn macht, dem Psychotherapeuten vor allen anderen therapeutisch und beraterisch tätigen Berufsgruppen den Vorzug zu geben.

zuerst: Was ist Psychotherapie? Ursprünglich eine Krankenbehandlung um psychische oder psychisch bedingte Leidenszustände zu mildern oder zu beseitigen, wird Psychotherapie immer mehr von Menschen genutzt, die an ihrer Persönlichkeitsentwicklung, an ihrer sinnvollen und erfüllenden Lebensgestaltung, an der Entfaltung ihrer Ressourcen arbeiten wollen. Außerdem ist Psychotherapie in Krisensituationen, zur Be- und Verarbeitung von Life-Events die zu empfehlende Behandlungsform. 
Psychotherapie ist allerdings auch ein Überbegriff für von unterschiedlichen Schulen ausgearbeiteten Behandlungskonzepten und Methoden, wie z.B. Psychoanalyse, Verhaltenstherapie, Existenzanalyse, systemische Familientherapie, ....Sie alle müssen vom Ministerium anerkannt sein, um isch psychotherapeutische Schulen nennen zu dürfen und entsprechende Ausbildungen anbieten zu dürfen. Psychotherapie ist ein geschützter Berufsbegriff. Die Ausbildung zum Psychotherapeuten dauert im Schnitt 6 Jahre, und beinhaltet neben dem ERlernen von Fachwissen auch eine intensive Selbsterfahrung, die u.a. dazu dient, dass man nicht beim Patienten eigene Anteile unreflektiert behandelt; die auch dazu dient, die eigene Persönlichkeit entsprechend reifen und entwickeln zu lassen und auch selbst zu erfahren, wie sich ein therapeutischer Entwicklungsprozess anfühlt. Du musst als Psychotherapeut selbst in die abgründe deiner Seele geschaut haben, damit du andere Menschen dorthin führen kannst und sie und deren Abgründe auch halten kannst.
Welche Themen, Anliegen Krankheitsbilder können eine psychotherapeutische Behandlung erforderlich und sinnvoll machen: siehe dazu die (nicht abschließende) Auflistung unter http://www.psychohygiene.at/psychotherapie 
Psychotherapie ist per Gesetz als Krankenbehandlung anerkannt - damit ich Krankheiten behandeln kann, muss ich erstens entsprechend ausgebildet sein, um psychische ERkrankungen ausreichend von anderen aktuell belastenden Problemsituationen unterscheiden zu können und zweitens das therapeutische kompetente Behandeln (=Therapieren) gelernt haben.  Anders gefragt: wie kann ich verantwortungsvoll Menschen bei der Lösung ihrer Probleme und Leidenszustände unterstützen, wenn ich nicht erkennen kann, ob er an einer psychischen ERkrankung leidet, weil mir dieses Wissen / diese berufliche ERfahrung fehlt.
Wenn ich, als Patient, mit meinem "Unwohl-Sein" jemanden/einen Therapeuten (nicht Psychotherapeuten!) aufsuche, der nicht entsprechend ausgebildet ist, wird er sehr wahrscheinlich nicht erkennen, dass hinter meinem aktuellen Problem / Beschwerdebild eventuell eine depressive Reaktion steckt. Das ist ungefähr so, wenn ich eine Farbberatung bei jemanden mache, de nur schwarz-weiß sieht. Und selbst wenn ich an keiner psychischen ERkrankung leide - auch für die Begleitung in meinem persönlichen Entwicklungsprozess möchte ich den Therapeuten mit der größten Kompetenz und fundiertesten Ausbildung - oder?
Was kann das für den Betroffenen für Folgen haben:
Erstens und nachvollziehbar wird sich an seinem Beschwerdebild nichts verbessern, wenn es weder erkannt noch kompetent behandelt wird.
Zweitens wird sich sein Beschwerdebild möglicherweise verschlechtern und chronisch werden
Drittens wird er aufgrund der zunehmenden Lebenseinschränkung immer weniger leistungsfähig sein und sich sozial zurückziehen - bis hin zur Arbeitsunfähigkeit und Vereinsamung
Viertens werden zunehmend Familienangehörige darunter leiden und sich vom Betroffenen distanzieren oder inadäquat mit ihm umgehen.
fünftens, sechstens, siebentes, ...
und ach ja: nein! depressive Menschen können sich nicht zusammenreißen, genauso wenig wie Menschen mit Phobien, mit einer Paranoia, mit Zwängen, ...
Ein Beispiel aus der PRaxis gefällig: Ein Paar kommt vordergründig mit Kommunikationsproblemen - nach einer Stunde stellt sich heraus, dass die Kommunikation nicht gelingen kann, weil ein Part an einer in einem aggressiven Verhalten ausgedrückten Depression leidet. Da muss man schon zuerst die Depression erkennen und  behandeln. 
Und dann gibt es noch die scheinbar hochreflekiert kritischen Menschen, die in einem perfekten paranoiden System gefangen sind. Oder Menschen die so euphorisch und gut drauf sind, dass man sie leider als manisch einstufen muss, usw.
Und wenn ich die Dynamik einer psychischen ERkrankung nicht er-/kenne, dann werde ich mit einer für einen gesunden Menschen gedachten Intervention möglicherweise eine sehr unwillkommene Reaktion hervorrufen. 
Aus der Sicht des Patienten ist es nachvollziehbar, wenn er versucht, den Krankheitswert seiner Befindlichkeitsstörung zu minimieren und zu negieren - und er wird vorerst  dankbar Angebote annehmen, in denen seine Krankheit nicht als solche erkannt wird , er sich nicht als psychisch krank definieren muss - Angebote, in denen ihm ERlösung von seinem Leidenszustand durch wenig (Zeit- und Geld) aufwändige Interventionen versprochen wird.

Doch: Es lässt sich halt weder ein körperliches Leiden noch ein seelisches Leiden durch eine falsche und / oder inkompetente Behandlung heilen.

Ich hoffe, durch diese Ausführungen zu einem besseren Verständnis bezüglich Psychotherapie beigetragen zu haben. Sollten Sie Fragen haben, dann bitte bei mir melden. 
Möglicherweise fühlen sich therapeutisch tätige Nicht-Psychotherapeuten auf den Schlips getreten - das war bezweckt.
Ich habe, entgegen meiner Gewohnheit, in diesem Beitrag nur die männliche Form benutzt - ich verspreche, in meinem nächsten Beitrag als Ausgleich nur die weibliche Form zu nutzen.


Ihre Seele hat einen sehr großen Einfluss auf Ihr Wohlbefinden - sie hat es verdient, gut behandelt zu werden.

viel Leben & Freude wünscht

Elisabeth Tsapekis


erhältst du wertvolle Tipps und leicht umsetzbare Übungsanleitungen für eine erfüllte Lebensgestaltung
www.psychohygiene.at

Ich freue mich auf deine Meinung und Rückmeldung


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